Adriana Stenger

Seit 2022 erscheint Adriana regelmäßig zu den freien Lesungen und ist seit 2023 Orgateammitglied beim Heidelberger Dichter:innenkreis KAMINA. Ebenfalls seit 2023 ist sie Council beim Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur (hcwk).
Sie ist seit 2024 Mitglied beim Heidelberger Autor:innenpreis. Seit 2017 lebt sie in Heidelberg, wo sie erst Physik studierte, bevor sie zu Philosophie und Psychologie wechselte.

Gedichte:

Der Frühjahrsputz zur Klausurenphase (Januar, 2024)

Der Frühjahrsputz zur Klausurenphase
Der Essigreiniger bildet eine Seifenblase
Und ich schaue aus dem Fensterglase
Vor dem Hause auf dem grünen Grase sitzt ein Hase
Bote des Frühlings, Symbol der Auferstehung
Es vergeht eine komplette Sonnenumdrehung
Ich habe noch nicht in meine Notizen geschaut
Der Kühlschrank gehört doch aufgetaut

Prokrastination liegt in der Frühlingsluft
Schweiß mischt sich mit Spülmittelduft
Ich fische eine Socke aus der Kluft
Zwischen Wand und Sofagarnitur
Staub legt sich sanft auf meine Tastatur
Gemischt mit Krümeln und Tränen nur
Auf dem Flur findet eine WG Party statt
Einsockig putze ich den Ofen und werde nicht satt

Platt wird der Teppich während ich sauge
Staub brennt mir wieder im rechten Auge
Vom Fenster aus sehe ich die Blumen sprießen
Ich sehe sanften Frühlingsregen sie übergießen
Sehe Tropfen über bunten Regenschirmen fließen
Zweidimensional hinter Glas verborgen
Doch der Stapel an Zettelbergen
bereitet mir auch noch Sorgen

Am Morgen koche ich Suppe und Knödel und Brei
Auf dem Herd ist schon wieder Schweinerei
Draußen singen die Vögel lieblich und zart
Sie singen bis der Frühlingshimmel aufklart
Stoff zu büffeln ist mir gerade zu hart
Ich fische Haare aus dem Duschabfluss
Duschen zu gehen ist mein nächster Entschluss
Muss warten auf der Muse ersten Kuss

Doch diese hat sich auf der gestrigen Party verirrt
Schläft friedlich auf dem Sofa, das Make Up verschmiert
Ich warte auf ihr Erwachen und spüle verkatert Geschirr
Warme Frühlingssonne strahlt auf leeres Papier
Im Lehrbuch kam ich nicht mal bis Kapitel vier
Und es ist immer noch irgendwie staubig hier
Ich erinnere mich langsam welcher Tag gestern war
Die Klausur schreibe ich dann nächstes Jahr

Das Wasser ist grau (September, 2023)

Das Wasser ist grau und es riecht schlecht
Warum Boote darin schwimmen verstehe ich nicht recht
Pärchen laufen am Ufer Hand in Hand
Wenn sie sich streiten fällt einer vom Rand

Unter Sonnenschirmen und auf Tüchern
Liegen sie mit ihren Handys und Büchern.
Leute beim Picknick beobachte ich gebannt
Denn Sommer und Sonne haben das Gras verbrannt

Dennoch liebe ich die Wolken und die Wärme
Auch die Insekten und Käfer mag ich gerne
Doch der Sommer kann nicht ewig halten
Bald wird der Herbst Farben auf die Blätter malen

Meine Erinnerungen an das vergangene Jahr fliegen vorbei
Das Wasser perlt an ihnen ab wie an Federn und Träumen
von was auch immer geschehen sei.
Sie stranden am Uferrand und schäumen.

Auch wenn zur Novemberzeit
Die Zeiten schwerer sind und soweit
Ich das bezeugen kann meine Schwestern
Manchmal verschwinden – zählt nicht das gestern
– Sondern das heute oder das morgen sogar
Und niemals was meine Vergangenheit war.
Klar wird mir manchmal so Einiges nicht.
Nicht das Wasser und nicht die Sicht.

Das Leben ist hart wenn das Wasser gefriert
Aber daran denke ich jetzt noch nicht
In diesem Jahr ist es noch nicht passiert
Erst wenn die Zeit gekommen ist und das Eis zerbricht.

Denke ich noch immer was ich will
Für mich steht die Zeit still
Wenn jetzt noch die Sommernächte sich über die Wiesen legen
Und die Halme sanft im Wind sich bewegen.

Menschen laufen vorbei wie von Sinnen
Ich bin jedoch nicht eine von ihnen
Das Wasser ist grau und ich fühle mich frei
Später lege ich vielleicht noch ein Ei

Wenn auch der Regen über das weiche Gras gieße
Jage ich geschwind ein Kind über die Neckarwiese
Die Sonne versteckt sich und herüber zieht ein Sturm
Ich strecke meine Flügel und esse einen Wurm

Unter der Oberfläche tanzen Fische im trüben Licht
Darüber schimmert das Wasser im grünen Glanz
Warum sie mit mir nicht tanzen verstehe ich nicht
Ich bin doch nur eine Gans

Warten (Juni, 2022)

Sie läuft vorbei
Ich stehe still
Was es auch sei
Das sie auch will

Blicke, die bohren
Bleibe eine Weile
Bin festgefroren
Überhaupt keine Eile

Stehe fest und warte
Auf eine Karte
Auf eine Richtung
Auf eine Lichtung

Sitze ruhig und lang
Sehe sie nur an
Sie kennt keine Gnade
Sie zeigt ihre Farbe

Liege nur da
und sie ist nah
Sieht mich nicht an
Ich frage mich dann

Warum ich bleibe
Über sie schreibe
Sie niemals vergaß
Und über das Gras

Der Wind sanft weht
Ich komme nicht weit
Und sie vergeht
Die Zeit

Der Wind sanft weht
Ich komme nicht weit
Und sie vergeht
Die Zeit

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