Textwert
Worthülsen treiben über den Himmel,
Netze fangen sie auf,
ordnen sie in bunten Bildern,
gleißend am Nachthimmel.
Marktfeiles Gold in der Sekunde.
Buchstabensalate werden angerichtet,
P folgt auf R,
lässt fahles Lachen leuchten,
Glück kommt in Dosen daher
Auf goldgepflasterten Straßen.
Sätze ziehen wie Karawanen über Frühstückstische,
geben die Richtung vor,
Köpfe klingeln,
rennen hinterher,
Schwarz an ihren Fingern.
Hohle Baumreste werden gewälzt,
geben ihre Frucht preis,
Jahre des Wachsens in Rekordzeit verdaut,
im Tausch für eine Mahlzeit,
Ausverkauf.
Herzenspfeile und goldenes Licht,
für Kohlen getauscht,
in halbem Blick erkannt,
vergessen,
lassen den Schöpfer vergessen zurück.
Indische Träumerei
Gelbe Wolken steigen in den Himmel auf. Leichthin tanzend vermischen sie sich mit den Pastelltönen des Sonnenuntergangs.
INDISCHER Frühling lullt mich ein in seinen Klang, gibt den Rhythmus vor, reißt mich mit in den Klängen Bollywoods. Hypnotisiert die Sinne, verlockt den Geist.
Rosen von violettem Schaum fließen vorbei. Verbinden sich mit den Wassern aller Farben und Geschmäcker. Ein wildes Konzert der Farbpalette fügt sich in Strudeln zusammen, verführerisch glänzend, schillernd, die ätzende Wirkung verbergend.
INDISCHER Sommer du trägst mich weiter, lässt mich vergessen, woher ich kam, wohin ich gehen wollte. Lässt mich stillstehen und innehalten.
Der Boden ist grün, grün vom Moos und den Wiesen üppiger Vegetation. Auch vom Schlamm der Farbe aus der Fabrik. Kristallschimmer auf Lehm bietet dem Fuß ein Parkett, auf dem er tanzen möchte. Dahingleiten, sich vergessen, in wilder Ekstase bis der Morgen kommt. Doch ist er zu müde und hält an.
INDISCHER Herbst alles legt sich zur Ruhe. Das Auge wird schwer, der Atem auch, alles läuft langsam in Zeitlupe ab. Die Musik wird langsam und leise.
Wenn das stechende Grau den Himmel der Großstadt umwölkt und braun der Fluss ins Meer drängt, weiß ich , es ist INDISCHER Winter, mein Kopf legt sich auf die dunkle Erde und ist still – mein Herz sehnt sich an einen anderen Ort.
Mein fast berühmtes Buch
So hören Sie doch, ich bin besonders, sogar sehr
Von unscheinbar Gestalt, dass geb´ ich zu,
reichlich abgegriffen und nicht mehr ganz in Farbe,
im Falz trag ich ne lange Narbe,
vom Einband fehlt ein Stück,
die linke Ecke auch,
doch was ich zu erzählen hab,
gleicht jeden Makel aus.
Zu Heidelberg bin ich geboren,
der schönen Stadt am Neckar fein,
ein Meister hat mich einst empor gehoben,
mit weißen Bütten, zart und rein.
Ein Mäntelchen aus rotem Leder, das gab er mir als Kleid,
sein kundig Hand hat zur Vollendung mich gebracht,
nach langen Jahren Meisterschaft, entstand ich in nur einer Nacht.
Ich war zu Hohem auserkoren,
nur edelstes Gedankengut sollt meine Seiten zieren,
so lag ich denn ein Jahr und mehr,
die Auslag eines Ladens dekorieren.
So mancher kam an mir vorbei,
ich hofft´ auf einen klugen Schreiber,
auf Feinsinn einer lyrisch zugewandten Hand,
und ach, die Großen kamen, viel vorüber,
selbst Goethe strich mir übers Band,
der Hölderlin erwählte meinen Bruder,
weil er den Einband schöner fand.
Es strich die Zeit, Brentano kam und ging,
der Heine fand mich schon zerschlissen,
und Keller hat mich gar, `nen Ladenhüter noch genannt.
So gings dahin mit meiner Zeit,
der Jugend lange schon entrückt,
der Scheffel hat mich umgestoßen,
der Twain selbst mit dem Fuß gekickt.
Jetzt lieg ich hier und frage Sie, warum?
Nem jungen Burschen bin ich dann,
zuletzt Geschenk geworden,
der kritzelte ein wenig in mir rum,
doch hatte er nicht viel an mich zu geben,
drei Groschen bracht ich ihm, er ward mich los.
Doch wollten Sie mich,
Zeug der Zeit von vielen Großen noch erwählen,
so bitt ich Sie, schreiben Sie groß!
Schnee sehen
Weißer Stoff flattert wie Segel im Wind,
gibt Kühle in der Hitze des Mittags.
In weißen Wolken versinkt mein Körper, tief eingebettet wie im Grab.
Mein Blick auf die weiße Wand geheftet, sucht nach Unregelmäßigkeiten,
nach Unterbrechung, an die er sich klammern kann.
Es gibt noch Hoffnung hat der Arzt gesagt als er im weißen Kittel mich schlafend wähnend auf weißes Papier kritzelt.
Die Schwester entfernt das weiße Tablett mit dem unberührten Essen.
Bald kommt sie zurück, streicht mit ihrer hellen Hand über die Stirn, die meine zu sein scheint.
Es gibt bald Schnee, ich werde ihn sehen.
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